Heiko Jacobs' Seiten zum Thema:

U-Strab / Stadtbahntunnel / Kombilösung Karlsruhe

-- Gestaltung der Haltestellen --

Chancen auf eine bahnfreien Fußgängerzone?

Ist es überhaupt realistisch, von einer solchen Option zu sprechen? Und sie schon für 2015 zu versprechen?

Jeder sieht, dass die zwei Gleise in der Kaiserstraße das Ende der Kapazität darstellen. Zumindestens wird damit pro Tunnel argumentiert. Straßenbahnfreie Kaiserstraße heißt: diese zwei Gleise eine Etage tiefer legen.

Jeder sieht am gelegentlichen Stau der Bahnen vor den Haltestellen, dass der eigentliche Engpass die Haltestellen sind, weniger die Strecke dazwischen und die dort zu erreichende Geschwindigkeit. Daran ändert sich wenig, wenn man das ganze tiefer legt. Es wollen halt die meisten Leute in der City ein- und aussteigen. Dank moderner Signaltechnik kann man die oberirdische Kapazität mittlerweile halbwegs nachbilden, zur Zeit der alten U-Strab ging das noch nicht. Aber man kann nicht zaubern und die Kapazität unten deutlich erhöhen. Die Präsentation einer Simulation im Arbeitskreis Öffentlicher Verkehr zeigte dies deutlich: der Tunnel gerät schnell an seine Grenzen. Die Folgen im AK waren bezeichnend: Auch diejenigen Vertreter von Verbänden und Parteien, die sich im Prinzip für die Option einer straßenbahnfreien Fuzo aussprachen, hielten sich ein Hintertürchen offen, aus der Komplettlösung nach der ersten Baustufe auszusteigen!

Auch der öffentliche Geldgeber, der die nötigen 85% zuschießen soll, wird dies erkennen. Förderfähig sind nur Maßnahmen, die einen Vorteil für den öffentlichen Nahverkehr bringen. Die erste Baustufe, die die Zahl der Gleise erhöht, zwei oben und zwei unten, dürfte diese Voraussetzung vielleicht erfüllen. Bei zweiten Baustufe, die zwei Gleise rausnimmt und zwei Linien mehr in den Tunnel presst für teures Geld, haben viele Verkehrsexperten berechigte Zweifel an der Zuschussfähigkeit. Und ohne Zuschuss geht es nicht.

Die Vision einer straßenbahnfreien Fußgängerzone steht auf einer sehr wackeligen Grundlage. Sie hat eine Reihe weiterer Nachteile, so der Wegfall der sozialen Kontrolle durch die Bahnen, die die City nachts beleben. Eine straßenbahnfreie Fußgängerzone als Basis für eine Umgestaltung zu nehmen, ist sehr gewagt. Andere Städte mit straßenbahnfreier Fußgängerzone haben dies oft mit einer Einschränkung der Nahverkehrsqualität bezahlen müssen (Einstellung nicht rentabler Linien, für die sich ein Tunnel nicht rechnet) oder haben ganz andere Diemnsionen von Fahrgastaufkommen, die "echte" U-Bahn-Systeme rechtfertigen. Karlsruhe hat das nicht. Und die zu Fuß zurückzulegenden Wege sind dort deutlich länger als in Karlsruhe.

Oberirdische Haltestellen

Deswegen und weil uns selbst bei einer straßenbahnfreien Fußgängerzone die Haltestellen oberiridsch mindestens bis 2015 erhalten bleiben, sollte sich diese Arbeitsgruppe auch unbedingt mit der Gestaltung oberirdischer Haltestellen befassen.

Rollstuhlgerechte Haltestellen

Als Mitglied des Conterganverbandes besonders am Herzen liegt mir dabei der rollstuhlgerechte Zugang zur Straßenbahn. Schon im Arbeitskreis "Barrierefreies Karlsruhe" beschäftigte mich dieses Problem.

Ein normaler Fußgänger mag denken, dass sich dieses Problem mit der Einführung von Niederflurbahnen erledigt hat. Mal abgesehen davon, dass diese nicht auf allen Linien zum Einsatz kommen (die Strecke der Linie 5 wird erst in den kommenden Jahren für Niederflurfahrzeuge umgebaut, die Hochflurbahnen der Linien S1 und S2 sind noch viel zu jung, um ersetzt zu werden, auf den Zweisystemlinien S3 bis S5 kommen aus technischen Gründen höhere Mittelflurfahrzeuge zum Einsatz mit Umsteigezwang an den Stadträndern), erfordert eine vollständige Rollstuhlkompatibilität auch zu den Fahrzeugen passende Bahnsteige mit 34 cm Höhe (statt 15 cm wie bisher). Davon gibt es bisher nur sehr wenige: die vier neuen Haltestellen der Linie 6 in Brauer- und Ebertstraße und die vier neuen Haltestellen der Verlängerung der Linie 4 zur Europäischen Schule, das war's bereits... Es ist aber die klare Absicht der Verkehrsbetriebe, weitere Strecken umzurüsten. Als erste Strecke kommt die der Linie 1 nach Oberreut dran. Alle weiteren Neubauprojekte (Aue, Wolfartsweier, Nordstadt, Kriegsstraße-Ost) werden natürlich von vorneherein entsprechend gebaut. Dies kommt auch nichtbehinderten Fahrgästen zugute, da ein ebenerdiger Einstieg auch normalen Fahrgästen den Zustieg deutlich erleichtert, und den Verkehrsbetrieben selbst, weil der Fahrgastwechsel schneller geht und so wertvolle Zeit gespart wird.

Wichtig ist dies, weil sonst ein durchschnittlicher Rollstuhlfahrer weiterhin stets auf Hilfe beim Einsteigen angewiesen ist, da die Stufe für die meisten zum eigenständigen Überfahren zu hoch ist. Kompetente Hilfe steht aber leider nicht immer zur Verfügung. Ganz besonders schlecht dran sind Fahrer von Elektrorollstühlen, da diese regelmäßig zu schwer sind, um über die Stufe gehoben zu werden.

Das Engagement der Verkehrsbetriebe beim Haltestellenausbau wird aber gerade im besonders wichtigen Citybereich ausgebremst. Nicht nur normale Fahrgäste, auch Behinderte wollen bevorzugt in die Stadtmitte. Besonders wichtig ist auch die Umsteigefunktion der Cityhalte. Die oben erwähnten Bereiche mit exisitierenden oder bald gebauten rollstuhlgerechten Halten sind miteinander bisher nicht verknüpft! Wichtig wäre hier besonders der Europaplatz, weil hier alle Niederflurlinien (1, 2, 3/4 und 6) halten und er ein zentraler Cityhalt ist.

Vor allem zwei Argumente werden gegen den 34er Ausbau in der City genannt: Stadtgestalterische sähen solche hohen Halte unschön aus. Ein Argument, dass ich im Zusammenhang mit dem barrierefreien Zugang für ALLE Bürger nicht gelten lasen kann. Hier muss man eben eine stadtplanerisch vertretbare Gestaltung suchen. Behinderten Menschen deswegen den Zugang zur City zu verwehren, kann nicht sein.

Das zweite wichtigere Argument ist eine angebliche Gefahr durch diese höheren Bahnsteige. Hier ist zum einen zu fragen, ob dieses Argument überhaupt zutrifft. Strasbourg hat sein neu gebautes Straßenbahnnetz komplett mit Bahnsteigen dieser Höhe ausgerüstet, auch im Bereich der Innenstadt. Unfälle sind mir und einem zeitweilig im Straßburger Nahverkehr beschäftigtem Bekannten aber nicht bekannt geworden. Sind Franzosen intelligentere Fußgänger? Auch wenn es zutreffen sollte: Es gibt Lösungen, mit denen man trotzdem einen Zugang für Rollstuhlfahrer ermöglichen kann. Rollstuhlplätze bieten die Niederflurbahnen derzeit ausschließlich im Bereich der ersten beiden Türen. Schaut man sich die Skizze mit allen in Karlsruhe derzeit eingesetzten Fahrzeugen an, so stellt man fest, dass es zwischen 2. und 3. Tür bei allen Fahrzeugen einen relativ langen gemeinsamen türfreien Bereich gibt. Das heißt, dass man auch mit einem relativ kurzen erhöhten Bereich von rund 20 m (doppeltraktionsfähige Haltestellen sind mindestens 80 m lang) schon den Rollstuhlfahrern den Zugang zu den Bahnen ermöglichen kann. Dies sollte überall einzurichten sein. Gestalterisch könnte man dies unterstützen und für eine Reduzierung von Gefahren sorgen, indem man versucht, größere Fußgängerströme von diesen Bereichen fernzuhalten. Am Europaplatz ist bspw. ein Kiosk geplant, der ungefähr parallel zu diesem Bereich liegen soll und die Fußgängerströme entsprechend lenken kann. Geschickte Positionierung von Wartehäuschen und anderen Einrichtungen kann auch an anderen Haltestellen ähnliche Schutzfunktionen herstellen. Auf diese Art sollten die Haltestellen Europaplatz und Kronenplatz an jeweils allen vier Bahnsteigen umrüstbar sein, zwei zentrale Punkte in der City wären so rollstuhlgerecht. Bei den Haltestellen Marktplatz und insbesondere Herrenstraße mag es schwieriger sein. Hier sollte man die Erfahrungen am Europaplatz abwarten.

Sonstiges Haltestelleninventar

Aus ähnlichen städtebaulichen Gründen versucht man den Fahrgästen andere notwendige Einrichtugnen wie Wetterschutz, elektronische Anzeigetafeln etc. zu verweigern. Hätte es zu Weinbrenners Zeiten schon Straßenbahnen gegeben: Er hätte sicher Wege gefunden, gestalterisch ansprechende Haltestelleneinrichtungen zu entwerfen, so wie er auch andere zweckdienliche Funktionen der damaligen Zeit integrieren konnte. Weinbrenner ist also kein Grund, sowas prinzipiell abzulehnen. So wie man auch elektrische Leuchten fand, die zum Stil des Marktplatzes passen, kann man auch entsprechende Haltestellen gestalten. Hier sollte die Arbeitsgruppe einen klaren Auftrag erteilen, dass alle üblichen Haltstelleneinrichtungen auch für oberiridische Haltestellen in der City einzurichten sind. Notfalls müssen angepasste Gestaltungen gefunden und von der Stadt (anstelle der VBK) bezahlt werden.

Unterirdische Haltestellen

Unterirdische Haltestellen haben ein Sicherheitsproblem. Nicht unbedingt ein objektives. Die Statistiken sprechen nicht von einer erhöhten Gefahr, wobei die Dunkelziffer unbekannt bleibt. Es ist vor allem ein subjektives Sicherheitsproblem, dass durch keine noch so gute Statistik zu lösen ist, sondern nur durch eine hochwertige Gestaltung. Gute Beleuchtung und die unbedingte Vermeidung von Ecken, hinter denen man sich verstecken kann, sind ein Muss! Das Problem der subjektiven Sicherheit ist in der Psychologie des Menschen und seiner Entwicklungsgeschichte begründet. Der Mensch ist von alters her, wohl als ehemaliger Steppenbewohner, stets bestrebt, Fluchtwege in der Hinterhand zu haben. Dies ist unterirdisch schlicht nicht gewährleistet. Deswegen fühlt man sich dort unwohler als oberirdisch. Nicht jeder überwindet diese Zugangsbarriere. Unterirdische Haltestellen werden immer einen Verlust an Fahrgästen in verkehrsschwachen Zeiten nach sich ziehen, der sich durch gute Gestaltung zwar mindern, aber nicht ganz verhindern lässt. Dies sollte klar sein.

Ein Vorschlag aus den Reihen der 5 externen Planerbüros war die Integration der Zugänge in Häuser. Dieser Vorschlag hört sich zunächst gut an, weil er Platz spart, aber mal abgesehen vom Umstand, dass die Umnutzung privater Gebäude entsprechend in Geld abzulösen ist, dürfte diese Idee gerade zu subjektiven Sicherheitsproblemen führen, weil die Zugänge so eher abgelegen und voller Winkel und Ecken sein werden.

Angeregt wurden oben offene Haltestellen, evtl. durch Glas abgedeckt. Karlsruhe liegt ziemlich genau auf dem 49. Breitengrad, d.h. die Sonne hat im Sommer einen Einfallswinkel von 64,5 Grad im Sommer und nur 17,5 Grad im Winter, maximal um 12 Uhr Mittags, zu den Tag- und Nachtgleichen von 41 Grad. Bei einer geplanten Schienenoberkante von ca. 10-11 Meter unter Erdoberfläche muss dei Öffnung im Sommer breiter als 5 m sein, im Winter 33 m, im Frühjahr und Herbst 12 m, damit wenigstens eine Minute lang am Boden Sonnenlicht ankommt. Gleise und Bahnsteige werden wohl auf rund 14 m Breite kommen. Sonnenlicht am Boden wird so also nur selten zu erreichen sein. Auch die Intensität des allgemeinen Tageslichts sollte nicht überschätzt werden, da die Intensität des Lichtes kubisch mit der Entfernung abnimmt. Auch in der Nacht mit künstlicher Beleuchtung sollte die beabsichtigte Möglichkeit des Blickkontaktes nicht überschätzt werden, da Spiegelungen im Glas diesen Effekt stark reduzieren werden. Reinigungsaufwand und Sicherheit müssen als weitere Aspekte berücksichtigt werden, schließlich soll es oberirdisch noch Lieferverkehr geben, die Decke der transparenten Haltestelle muss also bei der notwendigen Breite Lkw-tragfähig sein.

Die Zahl und Qualität der Zugänge ist wichtig. Treppen sind für eilige Fahrgäste notwendig, da man sie schneller nutzen kann, als es für Rolltreppen zulässig wäre. Rolltreppen sind notwendig für ältere Personen und für Personen mit Traglasten. Aufzüge sind notwendig für Personen mit Kinderwagen oder im Rollstuhl. Immerhin lassen sich 34er Bahnsteighöhen unterirdisch problemloser einrichten, der einzige Vorteil unterirdischer Haltestellen in meinen Augen. Alle drei Arten des Zugangs müssen mindestens doppelt pro Bahnsteig vorhanden sein. Ein einziger Aufzug pro Bahnsteig bspw. ist im Sinne der Ausfallsicherheit für darauf angewiesene Fahrgäste und wegen der Umwege nicht tragbar. Man denke nur an die oft defekten hochmodernen Aufzüge in der Postgalerie, die auch klar nicht leistungsfähig genug sind. Je nach Lage der Haltestellen sind womöglich auch mehr Zugänge notwendig, um wichtige Ziele mit weniger Umwegen zu erreichen. Bei Haltestellen über Eck kann man womöglich Zugänge gemeinsam nutzen oder direkte Verbindungen zum Umsteigen einrichten. Bzgl. Umsteigen von Bahnsteig zu Bahnsteig sollte die direkte kurze Verbindung der Bahnsteige untendurch (weniger Höhenunterschied) geprüft werden (gibt es sowas schon andernorts?), damit es nicht zu gefährlichen Querungsversuchen über die Gleise kommt.

Bei der Zahl und Lage von Haltestellen sollte geprüft werden, ob der womögliche Verzicht auf einen unterirdischen Halt Mühlburger Tor und eine rein oberirdische Anbindung durch nur eine Linie wirklich ausreichend ist. Oder ob eine womögliche Verschiebung stadtauswärts je nach Lage der Rampen tragbar ist. Eigentlich ist schon der heutige Abstand zur nächsten Haltestelle Europaplatz fast zu groß für die City.

Von Interesse wäre auch eine Abschätzung der Zugangszeiten zum Verkehrsmittel Straßenbahn in Zukunft. Die Haltestellenabstände unterirdisch sind größer, da die Halte Herrenstraße und Marktplatz zusammen gelegt werden sollen. Der Weg von der Oberfläche dauert auch seine Zeit. Die Straßenbahn ist künftig nicht mehr auf ganzer Länge an beliebiger Stelle zugänglich, sondern man muss zunächst zur nächsten Treppe laufen, d.h. es entstehen beträchtliche Umwege. Der Überblick an Haltestellen an Kreuzungen, wann wo welche Bahn zuerst kommt, wird auch schwieriger, so dass es eher vorkommen kann, dass man eine Bahn verpasst. Alle Effekte summieren sich auf, so dass die Zugangszeit zum Verkehrsmittel Straßenbahn deutlich länger wird. Bei der alten U-Strab wurde die Verlängerung der Zugangszeit zur Bahn zum Teil dadurch aufgefangen, dass die Bahnen unten schneller hätten fahren sollen, allerdings war die alte U-Strab mit weniger Linien und langen sog. Blockabständen der Signale geplant. Damit erreicht man keine ausreichende Kapazität. Eine U-Strab, die eines Tages alle Linien aufnehmen soll. muss mit kurzen Blockabständen ein Fahren quasi auf Sicht simulieren. Das reduziert die Fahrgeschwindigkeit deutlich. Somit dürfte es für den Normalkunden mit Ziel in der City und Start außerhalb in Summe eher zu einer Verlängerung der Reisezeit kommen. Besonders kritisch wird es, wenn man innerhalb der City umsteigt, wie es bisher üblich ist, oder wenn Start und Ziel stets im Bereich der Tunnel liegen. Für mich als Innenstadtbewohner liegt z.B. der Startpunkt stets im Bereich der U-Strab. Auch die meisten meiner Ziele liegen innerhalb des Bereiches, in denen die Bahn nach der zweiten Baustufe unterirdisch fahren soll. Daher interessiert mich, ob seitens der Verkehrsbetriebe oder Stadt schon eine Abschätzung aus Wegelängen und Fahrgeschwindigkeiten vorliegt, wie sich die Reisezeiten für die Kunden verändern. Ich befürchte, dass dadurch die Bahn für mich als Citybewohner zukünftig völlig unattraktiv wird. Die heute mögliche flexible Nutzung, auch nur eine einzige Haltestelle weit zu fahren, und das auch schnell, weil ständig eine Bahn kommt (im Gegensatz auch zu einer unter- und oberirdischen Mischlösung mit deutlich ausgedünnten Netz oben), wird künftig vermutlich entfallen.

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