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Der gesamte Text stammt aus
'Das SV Handbuch' - Sondershaeuser Verband Akademisch-Musikalischer Verbindungen (gegruendet 1867)
Aus den oben bereits erwähnten hospicia entwickelten sich im Laufe der Zeit
von Paris ausgehend die Bursen. Dabei handelte es sich um Wohn-, Eß- und
Lerngemeinschaften, bei denen ca. 10-15 Scholaren unter der Leitung eines
Magisters in kiosterähnlicher Abgeschiedenheit lebten. Räumlich bestand sie
aus einem größeren heizbaren (!) Lehr- und Speiseraum, um den herum die
Schlafräume lagen. Aus einer gemeinsamen Kasse wurden die laufenden Kosten
für die Verpflegung und Heizung gedeckt. Von dieser gemeinsamen Kasse, im
spätmittelalterlichen Latein bursa genannt, leitete sich der Name sowohl
für die ganze Einrichtung als auch für das einzelne Mitglied ab. Zu Bursch
abgewandelt blieb dies die Bezeichnung für den Studenten bis ins
19.Jahrhundert hinein, ja, die gesamte Studentenschaft wurde Burschenschaft
genannt. Erst in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde daraus die
Bezeichnung eines ganz bestimmten Typs der studentischen Organisation, der
neben anderen bestand. In den Bursen wurde auch die Deposition eingeführt.
Dabei handelte es sich um eine Einführungszeremonie in die Burse, bei der der
neue Scholar verkleidet, bedroht, beschimpft, zum Teil mißhandelt und
schließlich zu einer Beichte gezwungen wurde, woraufhin ihm schließlich die
Absolution erteilt wurde, die ihm die Zahlung des Eintrittsgeldes für die
Burse sowie die Kosten für ein üppiges Mahl aller Bursenmitglieder
auferlegte.(Index)
c) Deutsche Universitäten
Es dauerte noch bis Mitte des 14. Jahrhunderts, ehe deutsche Scholaren an
deutschen Universitäten studieren konnten. 1348 gründete Kaiser Karl IV. in
Prag, seiner bevorzugten Stadt, die erste deutschsprachige Universität. Noch
im selben Jahrhundert folgten Wien (1365), Heidelberg (1386), Köln (1388) und
schließlich 1392 Erfurt. Auch die deutschen Universitäten folgten in ihrem
Aufhau den älteren Vorbildern. Sie ahmten die Eingliederung der Studenten in
das System von Nation und Korporation, das schon in zwei Fällen beschrieben
worden ist, nach. In Prag zum Beispiel existierten vier Nationen: Böhmen,
Bayern, Sachsen und Polen (6).(Index)
2. Die frühe Neuzeit
a) Die weitere Entwicklung der deutschen Universitäten
Schon während des 15.Jahrhunderts und mehr noch im 16. Jahrhundert gerieten
die Universitäten zunehmend unter die Botmäßigkeit der Landesherrn. Es
begann ein Prozeß, bei dessen Ende aus der selbständigen Institution
Universität eine Einrichtung des modernen Staates geworden war, deren Aufgabe
vorrangig die Ausbildung des akademischen Nachwuchses für den höheren
Staatsdienst oder für hohe kirchliche Würden war. Das Studium war auf die
Zwecke des Staates ausgerichtet. Universitäten waren somit Lehranstalten,
deren Besuch gezielt zu einem Beruf als Jurist, Theologe oder auch als
Mediziner führte. Der Student war mehr höherer Schüler als Student, in
strenger Zucht gehalten, was bei den Heranwachsenden eine gewisse
Aufmüpfigkeit erzeugte und einen aufrührerischen Lebenswandel hervorrief.
(Index)
b) Studentische Verbindungen
Ausdruck des oben beschriebenen Vorganges war der Niedergang der Bursen.
Erst gegen Ende des Mittelalters konnten die Studenten kleine private Zirkel
bilden, die nur der gemeinsamen Geselligkeit dienten. Sie sind 1477 in Pavia
und 1514 in Leipzig belegt (7), wobei es sich um landsmannschaftliche
Gruppierungen handelte. Vorher waren die studentischen Zusammenschlüsse als
Burse, Nation und Korporation Teil der Universität, ja, mehr noch, sie waren
die Universität selbst. Studentische gesellige Vereinigungen existierten
mithin erst in der Neuzeit. Die Studenten knüpften dabei natürlich an
bestehende Traditionen an: die landsmannschaftlichen Zusammenschlüsse hießen
Nationen, die Studenten nannten sich selbst Burschen. Die Deposition
entwickelte sich zu einem formalen Akt, zu einem Ritus bei der
Immatrikulation an der Universität. Als solche blieb sie bis gegen Ende des
18. Jahrhunderts bestehen. Noch der Ritter von Lang, der im April 1782 in
Altdorf ein Jurastudium begann, erwähnt in seinen Erinnerungen, daß er unter
bewaffneter Begleitung eines Depositors dem Rektor vorgeführt und
immatrikuliert wurde (8). Auch die Burschen in der Nation übernahmen die
Deposition und bauten sie zum Pennalismus aus, der das studentische Leben
im 16. und 17. Jahrhundert bestimmte. Es handelte sich dabei um einen
Brauch, bei dem der Studienanfänger - der Pennal - ein ganzes Jahr lang,
manchmal sogar noch länger, die älteren Studenten von vorne bis hinten
bedienen mußte, ja zum Teil sogar aushalten mußte, was den
Pennäler natürlich
hoch verschuldete. Dies geschah darüberhinaus nach heutigen
gesellschaftlichen Regeln unter erniedrigenden und entwürdigenden Umständen.
So mußte der Pennäler zum Beispiel bei gemeinsamen Zechgelagen unter dem
Tisch sitzen, wenn er nicht gerade bediente, und durfte zum Schluß auch noch
die gesamten Kosten tragen. Für bereits kleine Fehler oder Unachtsamkeiten
oder gar Widerspruch wurde er unnachsichtig bestraft, mitunter auch
mißhandelt. Begründet wurde dieser Brauch damit, daß es sich bei dem
Pennäler um einen noch unwissenden, unreifen Schüler handele, der erst durch
das Pennaljahr zu einem quasi Neugeborenen, endlich Gleichberechtigten
bekehrt werden müsse. Von den Universitäten wurde dieser Brauch, ebenso wie
dessen Träger, die Nationen, energisch bekämpft, allerdings mit geringem
Erfolg. Die Nationen hatten immerhin bis Ende des 17. Jahrhunderts Bestand
gehabt, und der Pennalismus erlebte während des 30jährigen Krieg
seine Blüte
(9).(Index)
c) Das 18. Jahrhundert
Die bestehenden, nach landsmannschaftlichen Gesichtspunkten verfaßten
Nationen erlebten im 18. Jahrhundert die Entwicklung zu den studentischen
Verbindungen modernen Typs. Erstmals für die zweite Hälfte des Jahrhunderts
sind schriftliche Statuten überliefert, die das Verbindungsleben zu regeln
versuchten. Unterordnung unter einen Vorsitzenden, dem Senior,
Mehrheitsbeschlüsse, geselliges Miteinander, Satisfaktion von Beleidigungen,
gemeinsames Auftreten nach außen bestimmten jetzt das Leben der
Landsmannschaften, die aber dennoch von einem eher lockeren Zusammenhalt
geprägt waren. So endete auch die Zugehörigkeit zu einer Landsmannschaft mit
dem Studienabschluß; einen Lebensbund bildeten sie also nicht. Dieses war
erst Ergebnis einer anderen Entwicklung, nämlich der Herausbildung der Orden
gegen Ende des Jahrhunderts, die neben den Landsmannschaften die zweite
Gruppe der Verbindungen bildeten. Bei den Orden handelte es sich um
studentische Zusammenschlüsse nach dem Vorbild der Freimaurerlogen. Mit
diesen teilten sie 1. die Geheimhaltung, 2. die exklusive Auswahl ihrer
Mitglieder, 3. ein durchdachtes und kompliziertes Zeremoniell und
schließlich 4. das Lebensbundprinzip. Sie unterschieden sich aber nicht nur
äußerlich von den Landsmannschaften, sondern auch dadurch, daß sie ein
weltanschauliches Programm hatten, das in ihren Namen zum Ausdruck kam:
Amicisten, Konstantisten, Harmonisten oder Unitisten nannten sich die vier
größten Orden. Von diesen Ordnen stammte nicht nur die Tradition des
Lebensbundes, sondern auch der Zirkel als äußeres Zeichen sowie die Kreuze
zur Kennzeichnung des Vorstandes. Da die Orden sehr mit den aufklärerischen
Ideen der Französischen Revolution sympathisierten und durchaus politische
Zielsetzungen verfolgten, wurden sie von der Obrigkeit auf das Strengste
verfolgt, weshalb sie sich nicht durchsetzen konnten und um 1800 verschwanden
(10).
Neben den Orden und Landsmannschaften existierten noch andere
Freundschaftsbünde, Kränzchen genannt, die völlig apolitisch waren und
deshalb von der Obrigkeit geduldet wurden. Diese Kränzchen übernahmen
wesentliche äußere Merkmale der Orden (s.o.), ohne allerdings die politische
Programmatik weiterzuverfolgen. Hieraus entwickelten sich um die
Jahrhundertwende die ersten Corps, die unabhängig von der
landsmannschaftlichen Herkunft die Studenten zusammenschloß. Bis heute
besteht das 1798 gegründete Erlanger Corps Onoldia (11).
(Index)
3. Das 19. Jahrhundert
Um die Wende zum 19. Jahrhundert und in dem sich anschließenden Jahrzehnt
wurde die bestehende Universitätsverfassung, die die Universität als reine
Lehreinrichtung für Juristen, Theologen und Mediziner mit der Aufgabe, "das
Wissen statisch als zu tradierende Summe der Erkenntnis (12)
weiterzuvermitteln, verstand, von progressiven Reformern hinterfragt.
Fichte, Schelling, Schleiermacher, Steffens (13) und vor allem Wilhelm von
Humboldt propagierten ein neues Wissenschaftsverständnis, das das Wissen "als
etwas noch nicht ganz Gefundenes und nie ganz Aufzufindendes" (14) (Humboldt)
betrachtete und daraus die Forderung ableitete, daß das Wissen ständig
erweitert und vergrößert werden müsse. Das war etwas anderes als das
bisherige mechanische Auswendiglernen bestehender Kenntnisse und das Aneignen
bestimmter Fähigkeiten. Die Universität wurde als Forschungsstätte
konzipiert, wie sie bei den Neugründungen in Berlin (1810), Breslau (1811)
und Bonn (1818) berücksichtigt wurde. Man muß diese
Universitätsreform im
Zusammenhang mit den anderen Reformbemühungen der damaligen Zeit sehen, die
versuchten, ein neues, anderes Verhältnis des Einzelnen zum Staat zu
schaffen, nämlich weg vom Untertan hin zum mitverantwortlichen Staatsbürger.
In der anschließenden Restauration wurde dann die Entwicklung rückgängig
gemacht, indem man zu dem alten Prinzip der Universitäten als
Ausbildungsanstalt für den Staat zurückkehren wollte.
(Index)
a) 1813-1819: Von den Befreiungskriegen zu den Karlsbader Beschlüssen
Diese neue Konzeption der Universität und das dadurch geprägte
Selbstverständnis der Studenten wurde für die Weiterentwicklung der
Verbindungen von größter Bedeutung. Angespornt durch die patriotischen
Schriften Friedrich Ludwig Jahns, Ernst Moritz Arndts und Johann Gottlieb
Fichtes, um nur die wichtigsten zu nennen, beteiligten sich viele Studenten
in dem Befreiungskampf gegen die napoleonische Fremdherrschaft und schlossen
sich deshalb dem Lützowschen Freicorps an, das 1813 durch Major Adolf
Freiherr von Lützow mit Erlaubnis des preußischen
Königs gegründet worden
war, um die regulären Truppen zu unterstützen. Befreiungskampf bedeutete
aber nicht nur Widerstand gegen die fremde Besetzung, sondern auch den Kampf
um die nationale Einheit Deutschlands mit einer repräsentativen Verfassung,
meinte also auch die Befreiung von den kleinen absolutistischen Fürstentümern
in Deutschland. Gerade um dieses Ziel sahen sich die freiwilligen
Kriegsteilnehmer betrogen, als der Wiener Kongreß am 9./10. Juni 1815 unter
Metternichs Ägide die Schlußakte verabschiedete. Um die obengenannten
politischen Ziele weiterzuverfolgen, gründeten zwei Tage später (12.Juni) 143
Studenten in Jena die erste Burschenschaft, meist verkürzt zu
Urburschenschaft, mit dem Wahlspruch "Ehre, Freiheit, Vaterland". Damit
knüpften sie an studentische Traditionen an (Ehre) und gaben der Forderung
nach demokratischen Freiheitsrechten und der politischen Einheit Ausdruck.
Es handelte sich also um eine Verbindung mit dezidiert politischer
Zielsetzung und einer paramilitärischen Tradition, die mit ihrem Namen -
Bursche wurde gleichbedeutend mit Student gebraucht - die gesamte
Studentenschaft zu mobilisieren trachtete. Die Burschenschaft knüpfte
natürlich an bestehende studentische Formen an, leitete aber aus ihrem
Programm eine Führungsrolle vor den älteren Landsmannschaften und Corps ab,
welche im weiteren Verlauf des Jahrhunderts das Verhältnis der Korporationen
untereinander bestimmte, wenn nicht sogar bisweilen belastete (15).
Um ihren politischen Forderungen Nachdruck zu verleihen, verließen die
Burschenschafter die Universität und traten mit einer großen Kundgebung an
die "Ouml;ffentlichkeit heran. Anlaß dazu bot die 300-Jahr-Feier der Reformation
und der dritte Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1817.
Ungefähr 400 Burschenschafter aus Jena, Kiel, Göttingen, Gießen,
Berlin und
anderen Universitäten kamen zu einem gesamtdeutschen Treffen auf der Wartburg
zusammen, um ein deutliches Zeichen des Widerstandes gegen die beginnende
Restauration zu setzen. Der Theologiestudent Arminius Riemann und die
Professoren Lorenz Oken und J. F. Fries aus Jena hielten die
Regierungen herausfordernde Reden, und am Abend verbrannten nach einem
gemeinsamen Fackelzug einige Studenten auf der Wartburg mehrere, die alte
Ordnung verteidigende Schriften sowie einen Zopf und Korporalsstock als
Symbole des Ançien Rêgime. Diese Aktion weckte das
Mißtrauen der Regierungen
des Deutschen Bundes, vor allem "Ouml;sterreichs und Preußens, und sie werteten
sie als Anschlag auf die staatliche Ordnung. Zu einer systematischen
Verfolgung der Burschenschaften kam es jedoch erst, als der Theologiestudent
Karl Sand, der dem politisch radikalen Kreis der Unbedingten um den
Juraprofessor Karl Follen in Gießen angehörte, am 23. März 1819 den
russischen Geheimberichterstatter und Schriftsteller August von Kotzebue
ermordete. Dadurch wurde das Präsidium des Deutschen Bundes veranlaßt, die
Burschenschaften auf das Schärfste zu verfolgen und auszumerzen. Am 20.
September 1819 verabschiedete der Frankfurter Bundestag die auf einer
Konferenz in Karlsbad verfaßten Beschlüsse, die neben einer Beschneidung der
Pressefreiheit und Errichtung einer zentralen Untersuchungsbehörde in Mainz
auch ein Gesetz über die Verhältnisse an den Universitäten
beinhalteten. So
wurde jeder Universität ein außerordentlicher landesherrlicher Beamter - also
kein Universitätsangehöriger - beigeordnet, der über die Staatstreue der
Professoren und Studenten zu wachen hatte und, falls sie aufrührerische Reden
und Schriften verbreiteten, sie der Untersuchungsbehörde in Mainz melden
mußte. Die Burschenschaften wurden verboten. Die Jenaer Burschenschaft
wurde 1819 zur öffentlichen Auflösung gezwungen. Es gelang den deutschen
Länderregierungen, die Burschenschaften derart zu verfolgen, daß sie in den
frühen zwanzigerJahren keinerlei Aktivität mehr an den Tag legen konnten
(16).(Index)
b) 1820-1848/49: Restauration, Vormärz und Revolution
Diese zielstrebige Unterdrückung zwang die Burschenschaft zwar nicht für
immer in den Untergrund, jedoch zur Aufgabe der politischen Inhalte und des
allgemeinstudentischen Anspruchs, so daß sie zu einer Korporation neben den
traditionellen, jetzt wieder neu belebten Landsmannschaften und Corps wurde.
Ende der zwanziger Jahre konnten sich auch wieder versteckt einzelne
Burschenschaften gründen, da die Verfolgung nicht mehr so streng durchgeführt
wurde. 1827 wurde die zentrale Untersuchungskommission in Mainz aufgehoben,
und in Bamberg wurde im Geheimen die Allgemeine Deutsche Burschenschaft
konstitutiert, die allerdings bald in zwei Fraktionen zerfiel: die Arminen
waren zwar auch politisch ausgerichtet, wandten sich aber mehr dem
studentischen und universitären Leben zu, während die Germanen
politisch
wesentlich radikaler waren und sich massiv für eine republikanische
Verfassung einsetzten (17).
Die Revolution vom Juli 1830 in Frankreich verhalf der demokratischen und nationalen Einigungsbewegung zu einer Neubelebung, die über die studentischen Kreise weit hinausging und das Kleinbürgertum und die Handwerkerschaft mit einbezog (18). Die Nationalbewegung gipfelte in einer großen Demonstration Ende Mai 1832 auf dem Hambacher Schloß, die als Hambacher Fest in die Geschichte einging. Diese Volksversammlung wurde zwar unter maßgeblicher Beteiligung der Heidelberger Studentenschaft durchgeführt, jedoch unter den ca. 30000 Teilnehmern machten sie nur einen geringen Teil aus. Von einer Revolution war man noch weit entfernt. So fand denn auch der Putschversuch der Germanen - trotz Verrats stürmten 40 Burschenschafter die Frankfurter Hauptpolizeiwache, um einen Schlag gegen den Bundestag einzuleiten - bei der Bevölkerung keinerlei Rückhalt und konnte durch herbeigerufenes Militär leicht niedergeworfen werden. Resultat des Putschversuches war die Einrichtung einer neuen Zentralbehörde in Frankfurt, die nachhaltig und mit großem Erfolg Revolutionäre und Burschenschafter verfolgte und den Gerichten überwies, so daß viele von ihnen zu langen Festungsstrafen oder gar zum Tode verurteilt wurde. Wieder bedeutete die Zerschlagung der Burschenschaften die Aktivierung der anderen Verbindungen (19).
So kam es in den dreißiger und vermehrt in den vierziger Jahren zu Gründungen von konfessionellen Verbindungen, die einen betont apolitischen Kurs steuerten und einen sittlich-zurückhaltenden Lebenswandel an den Tag legten: sie lehnten äußere Merkmale ab und erachteten das Duell für unwürdig. Die erste dieser Verbindungen, die 1836 gegründete Uttenruthia in Erlangen, existiert noch heute. Von den christlich-ökumenischen Verbindungen setzten sich die Katholiken ab, um sich in der vom Protestantismus geprägten Hochschullandschaft mehr Gehör zu verschaffen. Deswegen griffen katholische Verbindungen bewußt auf äußerliche burschenschaftliche Formen zurück, um somit öffentlich für die Emanzipierung des Katholizismus einzutreten (20).
1817 waren es fast 400, 1832 30000, 1848 schließlich Millionen: die seit
langem wachsende Unzufriedenheit führte endlich, nach einem Anstoß aus
Frankreich (der Februarrevolution) auch in Deutschland zur Revolution. Im
ganzen Gebiet des Deutschen Bundes erhob sich die Bevölkerung gegen die
bestehende Ordnung, wobei die akademische Jugend eine hervorragende Rolle
einnahm. Schon in dem vorhergehenden Jahrzehnt entwickelte sich eine neue,
äußerst kritische und progressive Studentenbewegung:
der Progreß. Er
organisierte sich anders als die Burschenschaften in lockeren Vereinen und
lehnte jegliche straff organisierte Organisationsform ab. Die Progressisten
forderten die völlige Verschmelzung der Universität mit der
"Ouml;ffentlichkeit,
also vor allem die Abschaffung der akademischen Gerichtsbarkeit, sowie die
Aufhebung des überkommenen Ehrbegriffs der Studenten und damit letztlich die
Abschaffung des Duells (21). Im März 1848 verjagten Studenten in Wien, als
akademische Legion zusammengeschlossen, gemeinsam mit der Arbeiterschaft den
Staatskanzler Metternich, in Berlin kämpften sie auf den Barrikaden, in
Schleswig-Holstein zogen sie gegen dänische Truppen: kurz, Studenten, und
mit ihnen die Verbindungen, hatten bei der Revolution eine nicht zu
unterschätzende Funktion. Sie wirkten als intellektuelle Vordenker,
agitative Aufklärer und galten als traditionelle Vorkämpfer für ein
demokratisches und geeintes Deutschland. Zu Pfingsten trafen sich über 1000
Studenten auf der Wartburg, in Erinnerung an das Fest vor 31 Jahren, um über
die allgemeine Hochschulreform zu diskutieren und um sich über gemeinsame
Grundsätze und Leitlinien bei der Verwirklichung zu vereinigen. Lediglich
die Forderung nach unbedingter Lehr- und Lernfreiheit wurde von allen
Studenten getragen, andere Ziele wie die Abschaffung der Fakultäten oder gar
der akademischen Gerichtsbarkeit wurden nur von einem Teil der versammelten
Studentenschaft verabschiedet. Zu groß waren schon die verschiedenen
Traditionen und Gegensätze zwischen Burschenschaften, Progressisten,
Corpsstudenten usw. Das zustandegekommene Programm war den meisten
Professoren, den Behörden und auch den konservativen Verbindungen derart
suspekt, daß sie gemeinsam diesen progressiven Ansatz bekämpften und dieser
deswegen nur Episode blieb. Die alte Universität blieb im großen und ganzen
als solche erhalten (22).(Index)
c) 1850-1914: Reaktionszeit und Kaiserreich
Die progressistische Studentenbewegung zwang die älteren
Studentenverbindungen zu einer Konsolidierung ihrer Formen und Traditionen.
So gründeten am 26. Mai 1855 sieben Corps den
Kösener-Senioren-Convent-Verband, der somit den ersten nationalen
Dachverband bildete und die unbedingte Satisfaktion in den Vordergrund seiner
Aktivitäten stellte. In der nach der Revolution einsetzenden Reaktionsepoche
verloren die Verbindungen größtenteils ihre politische Zielsetzung und
entwickelten sich zu rein akademischen Lebensgemeinschaften. Lediglich die
Germanen setzten die Tradition der politischen Betätigung fort und, da über
diese Frage selbst untereinander kein Konsens erzielt werden konnte, gerieten
in der folgenden Zeit ins Abseits.
In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, die studentischen und korporativen
Lebensformen waren voll ausgebildet, entwickelten sich die Verbindungen zu
den dominierenden Institutionen an der Universität, wobei vor allem die Corps
die führende Rolle einnahmen. Verbindungen hatten sich ihren Platz in der
Gesellschaft erkämpft: ausgehend von verbotenen Landsmannschaften,
verfolgten Orden und Burschenschaften, manchmal geduldeten Kränzchen und
Corps, wurden sie zur staatstreuen und fast sogar staatstragenden
Einrichtung: Kaiser Wilhelm II. selbst galt als "oberster Corpsstudent des
deutschen Reiches". Es fand im 19. Jahrhundert ein völliger Wechsel der
gesellschaftlichen Bedeutung der Verbindungen statt, der im Rückblick die
Zeit im Kaiserreich als Blütephase erscheinen läßt.
Dafür spricht, daß ca.
ein Drittel aller Studierenden Mitglieder in Verbindungen waren, in manchen
Universitätsstädten sogar weit mehr als die Hälfte. Wenn die alten
Verbindungstypen anfänglich eine Führungsrolle einnahmen, so wurde doch im
Laufe der Zeit die Spannweite um neue, verschieden ausgerichtete
Korporationen wesentlich vergrößert: schlagende, nicht schlagende,
farbentragende, nicht farbentragende, konfessionelle, sich auf einzelne
akademische Disziplinen beschränkende, musische Verbindungen (Sondershäuser
Verband), Turnverbindungen usw. Auch gesellschaftlich diskriminierte
Gruppen wie Juden und akademisch unterrepräsentierte wie die Frauen gründeten
ihre eigenen Verbindungen (ab 1908 waren Frauen in Preußen ohne Einschränkung
zum Studium zugelassen). Diesem gesellschaftlichen Wechsel entsprach ein
Wandel der politischen Orientierung: jetzt, da die Einigung Deutschlands
gesichert war, wurde aus der nationalen Bewegung eine nationalistische, die
ihre Ziele von 1848 erreicht sah, ihr progressives und liberales Erbe gegen
eine konservative Grundüberzeugung tauschten und somit die Wende zum
Illiberalismus einleiteten, der das Leben der Akademiker bis zum Ersten
Weltkrieg bestimmen sollte (23).(Index)
4. Das 20. Jahrhundert
a) Die Weimarer Republik
Deutschlands Universitäten blieben während des Ersten Weltkrieges
geöffnet,
obwohl etwa zwei Drittel der immatrikulierten Studenten am Kriege teilnahmen.
Diese Studenten kamen nach Abschluß des Waffenstillstandes im November 1918
und der darauffolgenden Demobilisierung an die Hochschulen zurück, so daß in
den Anfangsjahren der Weimarer Republik ein gewaltiger Studentenberg
entstand, da die Zahl der Abiturienten und Studienanfänger ungefähr gleich
geblieben war. In der wirtschaftlichen Krisensituation der beginnenden
Weimarer Republik erschwerte sich dabei in zunehmenden Maße der Eintritt in
das Berufsleben, was eine Verlängerung der Studiendauer mit sich brachte
(sogenanntes Parkstudium; kennzeichnend für jede Wirtschaftskrise). Erst um
die Mitte der zwanzigerJahre konnte die Überfüllung der Hochschulen etwas
abgebaut werden, blieb aber weiterhin über dem Vorkriegsniveau. Diese
Entspannung währte jedoch nicht lange, denn mit der Wirtschaftskrise Ende der
zwanziger Jahre ging eine rapide Verschlechterung der Berufsaussichten
einher, was das Studium als Alternative zur Arbeitslosigkeit erscheinen ließ
und sich somit die Studierwilligkeit erhöhte, aber auch das Studium
verlängerte. Daneben wirkte der schon vor dem Ersten Weltkrieg einsetzende
Ausbau des Oberschulwesens (Realgymnasien, Oberrealschulen) für eine
Ausweitung der studienberechtigten Abiturienten. Den Zeitgenossen war eine
derartige Überfüllung der Universitäten unbekannt und
erschien ihnen deshalb
als sehr dramatisch und gefährlich, so daß das Schlagwort von dem
"akademischen Proletariat" (arbeitslose Jungakademiker) aufkam (24).
Das Studium in den zwanziger Jahren war darüberhinaus von einer äußerst desolaten wirtschaftlichen und finanziellen Lage gekennzeichnet: es fehlte, vor allem nach dem Ersten Weltkrieg, die häusliche Unterstützung durch die Eltern, weshalb sich viele Studenten ihr Studium durch Büro- und Industriearbeit selbst finanzieren mußten (Werkstudententum), was natürlich das Studium auf das Äußerste behinderte. Es fehlte aber auch an Wohnraum - das Angebot blieb bei steigenden Studentenzahlen ungefähr gleich mit der Folge, daß die Mieten stiegen - und auch die Ernährungssituation war derart miserabel, daß sich in Teilen der unterernährten Studentenschaft tuberkulöse Erkrankungen ausbreiteten. Neben die Vermassung der Universität trat die Verelendung der Studenten. Dieses führte zur Einrichtung auch heute noch bestehender sozialer Einrichtungen, wie des Deutschen Studentenwerks, 1929 gegründet, welches mit seinen Wohnheimen ungefähr ein Zehntel und mit seinen Mensen ungefähr ein Drittel aller Studenten erreichte, oder auch der Studienstiftung des deutschen Volkes, die nach 1925 eine kleine Anzahl begabter Kinder aus Arbeiter- und Bauernfamilien förderte. Die Form des Werkstudententums versagte allerdings Ende der zwanzigerJahre, da in dieser Zeit der Arbeitslosigkeit für Studenten keine Stellen offen waren (25).
Diese kurze Charakteristik zeigt, welch eminent wichtige soziale Versorgungsfunktion die Korporationen mit ihren Häusern für die Studenten ausübten und welche Attraktivität die Beziehung zu Alten Herren hatte. Korporationen waren beliebt wie nie zuvor. Sie wuchsen mit den steigenden Studentenzahlen und der Korporationsgrad unter den Studenten stieg über den der Kaiserzeit noch hinaus und erreichte Anfang der dreißiger Jahre seinen Höhepunkt. Es gab immerhin 49 Dachverbände mit mehr als 1300 Korporationen. Für das Verhältnis der Verbände untereinander kam es Anfang der zwanziger Jahre zu entscheidenden Neuerungen. Hatten sie sich während der Kaiserzeit wegen geringfügiger Nichtigkeiten gegenseitig befehdet, so kam es 1919 zur Gründung des Allgemeinen Deutschen Waffenringes (ADW), der die schlagenden Verbände auf eine gemeinsamen Ehrenordnung festlegte. 1921 wurde das Erlanger Verbände- und Ehrenabkommen verabschiedet, das die Regelung von Satisfaktionsfragen auch mit den nicht-schlagenden Verbänden bestimmte (26).
Vor dem Hintergrund der eklatanten wirtschaftlichen Misere ist zu verstehen, daß große Teile der Studentenschaft, und gerade auch die korporierten Studenten, die ohnehin traditionell und konservativ eingestellt waren, nicht nur 1918-1923 paramilitärisch aktiv gegen kommunistische Aufstände in Thüringen und im Ruhrgebiet vorgingen, sondern auch während der gesamten Zeit der Republik feindlich gegenüberstanden, wie der Streit um die Verfassung der Deutschen Studentenschaft (DSt) zeigt. Die Deutsche Studentenschaft war die reichsweite Organisation der ASTA's, der Allgemeinen Studentenausschüsse, die am 17./19. Juli 1919 auf einem Vertretertag in Würzburg gegründet wurde. Die ASTA's hatten sich aus den Zusammenschlüssen der nicht-korporierten Studenten während der Kaiserzeitentwickelt, wurden nach dem Kriege allerdings als die alleinige studentische Selbstvertretung an den Universitäten aufgestellt - ein Ausdruck der Revolution - und zeichneten sich durch Zwangsmitgliedschaft, Zwangsbeiträge und durch allgemeines, direktes Wahlrecht aus. Die Deutsche Studentenschaft verzeichnete Erfolge vor allem mit der Wirtschaftshilfe der deutschen Studenten, die sich 1929 als Deutsches Studentenwerk neugründete (s.o.). Der Streit um die Verfassung der Deutsche Studentenschaft entzündete sich um die Frage seines Geltungsbereiches. Der preußische Kultusminister C. H. Becker vertrat dabei den Standpunkt, daß nur die ASTA's reichsdeutscher Universitaten und Studenten Mitglieder sein konnten, dafür aber alle Gruppen repräsentiert sein sollten. Auf der anderen Seite standen national-konservative Studentengruppen sowie die schlagenden Verbindungen, deren Verbände über die Grenzen des deutschen Reiches hinausgingen und deshalb Mitsprache auch für österreichische, sudetendeutsche und Danziger Verbindungen forderten, andererseits aber jüdische Verbindungen und sozialistische Gruppen ausschließen wollten. Der Streit, dessen einzelne Stationen hier nicht zu erzählen sind, dauerte bis 1927, als die großdeutsch-nationalistisch antisemitischen Gruppen gegen eine vom preußischen Kultusminister erlassene Satzung Sturm liefen und gegen ihn selbst eine heftige Propaganda entfachten, mit dem Erfolg, daß bei der Abstimmung über die Satzung 77% aller Studentenwähler gegen die Satzung votierten, so daß Becker sich gezwungen sah, die bestehende Deutsche Studentenschaft aufzulösen. Sie blieb fürderhin als Rumpf-Arbeitsgemeinschaft der ASTA's bestehen, allerdings von den Korporationsverbänden finanziert (27). Ferner äußerte sich die Haltung der Studenten in Agitationen (Vorlesungsstreiks) gegen politisch mißliebige Dozenten, so unter anderem den Professor Lessing in Hannover, der Hindenburg als "blutrünstigen Nero" bezeichnet hatte.
In dieser Phase erfolgte die Gründung des Nationalsozialistischen Deutschen
Studentenbundes (NSDStB) im Februar 1926. In den ersten zwei Jahren seines
Bestehens steuerte er unter der Leitung von W. Tempel einen
Konfrontationskurs gegen die seiner Meinung nach arroganten und überheblichen
Verbindungen. Nach 1928 änderte sich unter der Leitung von Baldur von
Schirach diese Politik zugunsten der Verbindungen, um das dort vorhandene
antidemokratische und republikfeindliche Potential anzusprechen. Seiner
Konzeption nach ein politischer Studentenbund, führte 1930 der Erlaß einer
"Ehrenordnung", die das Ausfechten von Ehrbeleidigungen für NSDStB-Mitglieder
zuließ, zu einer äußerlichen Annäherung an die
Verbindungen, zumal es an
einigen Universitäten einen beachtlichen Anteil von Doppelmitgliedschaften
gab, obwohl es auch zum Teil Widerstand gegen die parteipolitische
Inanspruchnahme der Verbindungen durch den NSDStB gab. 1932 hatte er die
Mehrheit in der Deutschen Studentenschaft erreicht, nachdem er schon an
vielen Universitäten den ASTA stellte, und führte mit deren Hilfe am 10. Mai
1933 die berüchtigte Bücherverbrennung durch (28).
(Index)
b) Das Dritte Reich
Erstes Ziel der nationalsozialistischen Universitätspolitik war der Abbau des
Studentenberges, welches sofort, 1933, durch Studienverbote und
-einschränkungen für Juden, Kommunisten, Sozialisten und Frauen, und ab 1935
durch die Koppelung des Universitätszuganges mit der Ableistung der
Wehrdienstpflicht und der HJ-Mitgliedschaft erreicht wurde, so daß Ende der
dreißiger Jahre dieser Studentenberg nicht nur abgebaut war, sondern schon
ein spürbarer Akademikermangel eintrat. Dieser wiederum veranlaßte die
NS-Führung, das Studium attraktiver und effizienter zu gestalten. Zu
Kriegsanfang wurde die gültige Semesterregelung zugunsten einer
Trimesterregelung aufgehoben, die sich allerdings nicht bewährte und schon
1941 wieder abgeschafft wurde. Der Akademikermangel war derart groß,
daß man
während des Krieges Frauen wieder voll zum Studium, zuließ und auch Soldaten
zum Studium beurlaubte. Dieses erwies sich auch als nicht glückhafte Lösung,
da die Leistungen der Soldatenstudenten, kaserniert und zwischen
militärischen und universitären Pflichten eingekeilt, zu wünschen
übrig
ließen, und sie sich andererseits leicht dem Vorwurf der Drückebergerei
ausgesetzt sahen. 1944 wurde auch dieses aufgehoben, da seit der Errichtung
der zweiten Front im Westen sämtliche Reserven eingesetzt wurden. Im Laufe
des Jahres wurde der gesamte Studierbetrieb nach und nach eingestellt, da
durch die Bombenangriffe die Universitäten ganz oder teilweise zerstört
waren. Im letzten Kriegshalbjahr fand an den Universitäten kein Lehrbetrieb
mehr statt (29).
Die Korporationen arrangierten sich zunächst mit den nationalsozialistischen
Machthabern. Sie führten 1933 in den Verbänden das
"Führerprinzip" ein und
vollzogen die geforderte Arisierung, d. h. sie schlossen jüdische
Mitglieder aus oder erzwangen den Austritt. Allerdings hatten nur wenige
nichtantisemitische Verbindungen überhaupt jüdische Mitglieder. Ein Teil
dieser Verbindungen widersetzte sich der Durchführung und wurden daraufhin
aufgelöst. In den Verbänden kam es über diese Fragen zu internen
Auseinandersetzungen, da auf der einen Seite diese Politik dem
Lebensbundprinzip entgegenstand, andererseits man aber gesetzestreu sein
wollte und die Arisierung befürwortete. Die jüdischen Verbindungen selbst
traf es gleich nach der Machtübernahme 1933: ihre Häuser wurden von der SA
besetzt, das Vermögen beschlagnahmt und somit die Korporation aufgelöst. Zur
generellen Auflösung der Verbindungen kam es erst, als während des
Sommersemesters 1935 Mitglieder des Heidelberger Corps Saxo-Borussia sich
mehrmals in der "Ouml;ffentlichkeit despektierlich über Adolf Hitler
äußerten.
Dagegen schritt die NS-Führung ein: zunächst wurden Doppelmitgliedschaften
zwischen HJ und NSDStB mit den Korporationen verboten. Einzelne Verbindungen
unterstellten sich dann als Kameradschaften dem NSDStB, zogen sich aus den
Aktivenverbänden zurück und zwangen diese somit zur Auflösung. Einige
Altherrenverbände lösten sich mit auf, andere konnten im Stillen bis
Kriegsende bestehen bleiben. Die Studenten waren jetzt in Kameradschaften
gegliedert, die zum Teil die Häuser der Verbindungen weiter benutzten und von
ihren Altherrenschaften, jetzt im NS-Altherrenbund zusammengeschlossen,
unterstützt wurden. Verdeckt hielten sich die Korporationstraditionen bis
1945, als die Kameradschaften von den Alliierten verboten wurden (30).
(Index)
c) Die Nachkriegszeit
Nach der deutschen Kapitulation und dem Kriegsende kam es schon im Herbst
1945 wieder zur Aufnahme der Lehrtätigkeit an den Universitäten. Der
Neuanfang aus den Trümmern, die Verarbeitung der Schrecken des Krieges und
die Bewältigung der Geschehnisse in den Konzentrationslagern, dazu die elende
materielle Lage, die das reine Überleben fraglich werden ließ, all dies
kennzeichnete das Leben der ersten Nachkriegsjahre. Dennoch stiegen die
Studentenzahlen der Hochschulen der späteren Bundesrepublik schon bis 1948
auf ein weit höheres Niveau als in der Weimarer Republik! Dieser starke
Andrang hielt in der gesamten Nachkriegszeit an. Anfang der sechzigerJahre
stieg die Zahl der Immatrikulierten auf über 200000, um dann bis in die
achtziger Jahre hinein auf ungefähr 1,3 Millionen zu steigen. Im Gegensatz
zur Weimarer Republik stellte jetzt der Staat umfangreiche Mittel für die
materielle Unterhaltssicherung zur Verfügung, vor allem nach dem "Honnefer
Modell", einer von der Westdeutschen Rektorenkonferenz 1955 erarbeiteten
Empfehlung, als Mischung von Stipendium und Darlehen, und später als BAföG
(Bundesausbildungsförderungs-Gesetz), welches seit jüngster Vergangenheit nur
noch als Darlehen ausgezahlt wird.
Während die Militärregierungen in ihren Besatzungszonen die Korporationen verboten, und auch die Westdeutsche Rektorenkonferenz in ihrem Tübinger Beschluß vom Oktober 1949 betonte, daß für Mensuren, den besonderen studentischen Ehrbegriff, die Abhaltung lärmender und geistloser Massengelage und für das Farbentragen in der zukünftigen studentischen Gesellschaft kein Platz mehr sei, konnten sich dennoch schon 1950 durch die Aktivitäten der Alten Herren viele Verbindungen wieder gründen. 1951 schlossen sich in Göttingen die zunächst 16 Dachverbände (darunter auch der SV!) zu dem Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK) zusammen, konnten also erst jetzt interne Differenzen derart überwinden, daß eine alle Verbindungen umfassende Organisation möglich wurde. Die Verbindungen zogen auch nach dem Kriege das gesellige Leben an der Universität stark an, konnten sich jedoch unter den Studenten nicht so sehr durchsetzen, so daß der Korporierungsgrad hinter dem der Weimarer Republik zurückblieb. Wegen ihrer republikfeindlichen Einstellung während der Weimarer Zeit und ihrer zwischen Gleichgültigkeit und Bejahung schwankenden Einstellung zum Nationalsozialismus sahen (und sehen) sich Verbindungen in der Nachkriegszeit vehementer Kritik ausgesetzt. Die ASTA's, 1946 wieder zugelassen, schufen 1949 den Verband Deutscher Studentenschaften (VDS), der quasi die Funktion der frühen Deutschen Studentenschaft übernahm (31).
In den fünfzigerJahren hielten sich die Studenten politisch eher bedeckt. Zwar beteiligte sich ein Teil der Studentenschaft an den Demonstrationen gegen die Wiederbewaffnung und an der Anti-Atomtod-Bewegung, doch gewannen sie hier keine bedeutende politische Initiative. Dieses änderte sich erst in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre, als der internationale Protest gegen den Vietnamkrieg auch die deutschen Studenten mobilisierte, und in dem Widerstand gegen die Notstandsgesetze der Großen Koalition, gegen die Springer'sche Pressekonzentration, gegen die Ordinarienuniversität seine spezifische deutsche Ausprägung gewann. Für die weitere Entwicklung der studentischen Subkultur war die Studentenrevolte von entscheidender Bedeutung, da die konventionelle bürgerliche Lebensart in Frage gestellt und neue, antiautoritäre Lebensstilkonzepte entwickelt wurden, die, im Gegensatz zu den damals vertretenen politischen Utopien, heute in breiter Front Eingang in die Gesellschaft gefunden haben. Verbindungen wurden dabei als Relikte aus alter Zeit kritisiert, und insbesondere wegen ihrer jüngsten Geschichte angefeindet (s.o.). Diese Kritik wirkte sich negativ auf die Verbindungen aus: von den rund 1,3 Millionen Studenten sind rund 21000 korporiert; ein verschwindend geringer Teil. Somit sind die Verbindungen in den letzten 20 Jahren darum bemüht, sich ihren Platz in der modernen studentischen Gesellschaft zu erhalten, wobei derzeit über die einzuschlagende Richtung in der Frage über die Aufnahme von Frauen diskutiert wird. Hierbei stehen sich Befürworter und Gegner zum Teil recht unversöhnlich gegenüber, und wenn auch schon einige wenige Verbindungen Frauen aufgenommen haben, so wird die Diskussion gewiß noch einige Jahre andauern. Inwieweit dabei die allerjüngste konservative Tendenzwende eine Rolle spielen wird, ist noch nicht abzusehen.(Index)
verfasst von: Harm v. Seggern, AMV Albingia Kiel im SV