SV Handbuch: Geschichte der Verbindungen, Das 19. Jahrhundert,
( 3aa) Humboldt und die Universität als Forschungsstätte)
Um die Wende zum 19. Jahrhundert und in dem sich anschließenden Jahrzehnt
wurde die bestehende Universitätsverfassung, die die Universität als reine Lehreinrichtung für Juristen, Theologen und Mediziner mit der
Aufgabe, "das Wissen statisch als zu tradierende Summe der Erkenntnis
(12)
weiterzuvermitteln, verstand, von progressiven Reformern hinterfragt.
Fichte, Schelling, Schleiermacher, Steffens
(13) und vor allem Wilhelm von Humboldt
propagierten ein neues Wissenschaftsverständnis, das das Wissen "als
etwas noch nicht ganz Gefundenes und nie ganz Aufzufindendes"
(14) (Humboldt) betrachtete und daraus
die Forderung ableitete, daß das Wissen ständig erweitert und
vergrößert werden müsse. Das war etwas anderes als das
bisherige mechanische Auswendiglernen bestehender Kenntnisse und das Aneignen
bestimmter Fähigkeiten.
Die Universität wurde als Forschungsstätte
konzipiert, wie sie bei den Neugründungen in Berlin (1810), Breslau (1811)
und Bonn (1818) berücksichtigt wurde.
Man muß diese Universitätsreform im
Zusammenhang mit den anderen Reformbemühungen der damaligen Zeit sehen, die
versuchten, ein neues, anderes Verhältnis des Einzelnen zum Staat zu
schaffen, nämlich weg vom Untertan hin zum mitverantwortlichen
Staatsbürger. In der anschließenden Restauration wurde
dann die Entwicklung rückgängig
gemacht, indem man zu dem alten Prinzip der Universitäten als
Ausbildungsanstalt für den Staat zurückkehren wollte.