Heute reiht sich in der Kaiserstraße Laden an Laden, und zwar wegen der Mieten solche mit hohem Kundenstrom. Hinzu kommen viele Behörden und Büros mit ihren Arbeitnehmer- und Besucherströmen. Ein Gewusel von Leuten also, auch mit U-Strab, ganz im Sinne des Einzelhandels, denn weniger Besucher bedeuten weniger Umsatz. Flanieren oder ruhen wird in dieser Hektik nur derjenige, der solches Gewusel mag. Diesen stört aber auch die Bahn nicht. Ruhe sucht hier niemand, U-Strab oder nicht.
Käme man wenigstens mit U-Strab besser zu Fuß durch? Wohl kaum, denn das Flair soll durch mehr Außengastronomie kommen und Einzelhändler würden sicher mehr Waren draußen feilbieten. Ruckzuck wäre der freie Raum wieder zugestellt und die Leute drängeln sich wieder, aber dies dauerhaft und nicht nur dann, wenn Bahnen kommen. Viel Gedrängel, viel Interesse, viel Umsatz, einfache Verkaufspsychologie. Beispiel zum Anschauen: Die Königstraße in Stuttgart, ehemals mit Tram, heute zumöbliert.
Wenn nicht in der Kaiserstraße, wo soll man dann für Flair sorgen?
Dazu ein Blick auf die bestehende (bzw. künftige incl. ECE) Struktur der City.
Die Graphik rechts zeigt dunkelgrau die Bereiche, die durchgehende
Schaufensterzeilen oder Gastronomie aufweisen, die also zum Bummel einladen.
Heute gibt es bereits die Kaiserstraße mit den Magneten Karstadt und Hertie.
Neben dieser setzt sich
die City mehr oder weniger stark in anderen Straßen fort: Kaiserstraße
zwischen Kaiserplatz und Uni,
Karlstraße, Waldstraße, Herrenstraße, Erbprinzenstraße etc. im Westen,
Kronenstraße und Fritz-Erler-Straße im Osten. Hinzu kam kürzlich der Zirkel.
Geplant sind die Postgalerie und das ECE-Center. Zwischen letzterem und der
Kaiserstraße fehlt aber noch eine Lückenschluss aus attraktiven Läden etc.
Die Pfeile generalisieren diese Struktur: Es ergibt sich künftig ein Hauptbogen von ECE über die Kaiserstraße und Postgalerie Richtung Karlstraße und Waldstraße, ein fast kompletter Kreisverkehr für die Kunden, dazu zwei Nebenachsen.
Und was liegt mitten in diesem Bogen? Zonen, die jetzt schon als Ruhezone oder für attraktive Gastronomie genutzt werden oder für solche Zwecke ausgebaut werden könnten. Dies fängt im Westen mit Europa-, Stephan- und Ludwigsplatz an. Über die Erbprinzenstraße ist dieser Bereich fußläufig an den Bereich um St. Stephan mit Ständehausstraße und, nicht zu vergessen, Hof der Landesbibliothek und weiter an den Friedrichsplatz angebunden. Über Lammstraße und Zähringerstraße erreicht man attraktiv Kaiserstraße und Marktplatz.
Diese Zone ist viel besser dazu geeignet, die für die Kaiserstraße versprochenen Ruhefunktionen zu übernehmen, da man hier auf Vorhandenes aufbauen kann und weil sie mittendrin liegt, denn sie ist von allen Abschnitten des Haupteinkaufsbogens erreichbar. Ja der Einkaufsstrom vom ECE-Center oder der Postgalerie in Richtung Kaufhäuser oder Parkhäuser kann teilweise über diese Zone führen.
Diese Funktionalität kann mit moderaten Eingriffen in den Autoverkehr (s.u.) und der Umwandlung eines Parkplatzes zum Spielplatz weiter ausgebaut werden. und so zu einem unschlagbaren Standortvorteil für Karlsruhe werden. Welche Stadt hat so etwas zu bieten?
Der Stephanplatz, der auch Gastronomie erhalten soll, und der Ludwigsplatz
könnten sich gegenseitig ergänzen und eine gemeinsame und
sehr attraktive Platzlandschaft bilden.
Jedoch werden sie vom starken Verkehr auf der Karlstraße zerrissen.
Dieser stört auch den Straßenbahnverkehr am Europaplatz empfindlich.
Kann man diesen Verkehr verlagern?
Karlstraße, Stephanienstraße und Amalienstraße bilden einen Ring aus Einbahnstraßen. Die Amalienstraße ist wegen der Bauarbeiten schon teilweise freigegeben und es funktioniert, Unkenrufen zum Trotz. Der Einbahnstraßenring führt nicht nur dazu, dass der Verkehr Karlstor-Zirkel über die zentrale Karlstraße fährt, sondern auch mit Umweg der Verkehr Karlstor-Mühlburger Tor und Mühlburger Tor-Zirkel: Verkehre, die bei Aufhebung der Einbahnstraßen direkt statt über die zentrale Karlstraße fahren könnten. Bliebe noch der Verkehr Karlstor-Zirkel. Was ist eigentlich mit dessen Gegenrichtung? Richtig, der findet schon heute andere Wege. Ähnliche gibt es auch für die zu schließende Richtung. Inoffizielle Simulationen der Stadtplaner haben schon gezeigt, dass es funktionieren würde.
Neben dieser Verbindung beider Plätze ergänzen Maßnahmen u.a. am Friedrichsplatz und um St. Stephan ein mögliches Konzept für mehr Flair in Karlsruhes City. Denn auch der Friedrichsplatz wird heute noch von Autoverkehr zerschnitten und umflossen. Dabei könnte dieser eine große Ruhezone bilden.
Die Arkaden auf der Nordseite bieten sich dabei für Gastronomie an. Die Querung des Friedrichsplatzes ist für den Autoverkehr eigentlich überflüssig, denn alles kann über andere Wege gleich gut erreicht werden. Und auch die Erbprinzenstraße zwischen Ritterstraße und Herrenstraße könnte verkehrsberuhigt werden oder zur Fahrradstraße gemacht werden wie früher. Blieben nur noch die Verkehre zu den Parkgaragen. Bei der Friedrichsplatz-Tiefgarage könnte man ja noch eine Verlegung der Zufahrten nach Süden fordern, aber das Karstadt-Parkhaus macht jede weitere Beruhigung zunichte, eine mittelfristig nicht behebbare Bausünde, die gerade beim Stephanplatz wiederholt wird.
Um St. Stephan herum ist ebenfalls noch Potential für eine Aufwertung, siehe Kasten "Standortvorteil". Auch östlich der Kirche könnte man Ideen entwickeln, z.B. eine Literaturzone zwischen Stadt- und Landesbibliothek. Kleinere Maßnahmen, wie Passagen zwischen Erbprinzenhof und Herren- bzw. Kaiserstraße, könnten die Erreichbarkeit der Plätze verbessern. Im Zusammenhang mit dem ECE-Center realisert wird wohl auch eine Verkehrsberuhigung der Karl-Friedrich-Straße, ebenso wie beim restlichen Zirkel.
Eigentlich nicht, denn die obigen Bausteine sind nicht aus der Luft
gegriffen, sondern sind so oder so ähnlich im offiziellen Zielkonzept für
die Innenstadt Karlsruhes zu finden, das an vielen Stellen sogar
noch weiter geht.
Hier vorgestellt (letzte Graphik)
wurden Elemente, die einerseits dem
Autoverkehr nicht wirklich weh tun, die aber andererseits dafür sorgen
würden, dass inmitten der Schwerpunkte des Handels eine attraktive
zusammenhängende Ruhezone entstehen kann. Zusammen mit dem nahen
Schlosspark im Norden kann so für Karlsruhe ein immenser Standortvorteil
geschaffen werden, den in dieser Art kaum eine Stadt
zu bieten hat.
Heiko Jacobs
VCD Karlsruhe Inhalt dieser Ausgabe kfk-Archiv