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Radlerforum und Radverkehr in Stadt und Land

Radlerforum

Nachdem das Radlerforum aus Vertretern der Behörden, Parteien und Verbände in Karlsruhe wegen der Wahl gut ein Jahr nicht mehr tagte, wurde es im Mai mit einer Doppelsitzung wieder einberufen. Die Themen reichten von der Fahrradstation am Hauptbahnhof über Problemstellen im Radroutennetz bis zur Sicherheit des Radverkehrs:

Die Station erhält ca. 1550 Plätze bei heute rund 2200 Räder um den Bahnhof. Anderswo nutzen ca. 2/3 solche Stationen. Ins Erdgeschoss kommt ein Radladen. Die 5,5 Mio. DM sollen Land (ca. 60%), Stadt (ca. 6%) und Investoren finanzieren. Der Baubeginn steht leider noch nicht fest.

Zum Bau von Radverkehrsanlagen steht weniger als eine Million DM zur Verfügung. Zwar werden solche oft auch im Rahmen anderer Projekte mitfinanziert (z.B. Ostring, Ebertstr., Durlacher Allee), so dass nicht alles von dieser Million abgeht, aber die Bilanz der Maßnahmen zeigte, dass dieser Etat nur für relativ wenige größere Maßnahmen reicht. Die vom VCD mitgestalteten Radwegmängelbögen sind übrigens ein wichtiges Steuerungsinstrument für die begrenzten Mittel!

Mehrfach wurde im Forum ein zusammenhängendes Radroutennetz gefordert, da viele Radler die für sie günstigen Routen gar nicht kennen. Immerhin gibt es durch die Hochschulen ständig neue Radler. Aber einerseits sind die Ansprüche an eine gute Route sehr unterschiedlich, (schnell/gemütlich,...), andererseits enden oft geeignete Routen abrupt an Knackpunkten wie Kreuzungen, was dann die Gesamtroute stark abtwertet.

Sorge bereiten die steigenden Unfallzahlen. Leider fehlen Vergleichszahlen zur Entwicklung des Radverkehrs insgesamt. An erster Stelle stehen als Unfallgegner Autos, an zweiter mit Abstand Alleinunfälle. Unachtsamkeit bei Radlern und Vorfahrtsverletzungen bei Autos führen jeweils mit Abstand die Liste der Ursachen an. Radeln auf dem Radweg in die falsche Richtung steht auch auffällig weit oben. Die Disziplin der Radler, in der Presse oft bemängelt, will man in eigenen Gesprächskreisen behandeln.

Die neue StVO vom September 1997 ermöglicht versuchsweise auf 3 Jahre, Einbahnstraßen für Radler in Gegenrichtung freizugeben. Die Frist ist bald um, aber noch wurden nicht alle beschlossenen Maßnahmen umgesetzt! Berlin will aber wohl die Befristung aufheben, da kaum Unfälle registriert wurde.

Noch schlechter steht es um die Überprüfung der Radwege. Der Teil der Novelle, der zwischen benutzungspflichtigem Radwegen, die bestimmte Standards erfüllen müssen, und nicht benutzungspflichtigen unterscheidet, wurde extra erst Oktober 1998 in Kraft gesetzt, um Zeit zur Überprüfung zu haben. Aber bis heute ist sie in Karlsruhe nicht beendet! Somit ist auch offen, welche Radwege trotz Nichterfüllung der Standards benutzungspflichtig bleiben sollen, wo wir dann gezielt Maßnahmen fordern müssten. Skizze

Radverkehr in Stadt...

Unser Fazit des Radlerforums ist, dass es innerhalb der Stadt incl. Behörden weiterhin zwei Lager gibt: Die eine Seite, darunter auch viele Vertreter von Tiefbau, Stadtplanung und Landespolizei, hat im Prinzip die Bedeutung des Radverkehrs erkannt und versucht daher beständig, Verbesserungen für den Radverkehr zu erreichen. Ihnen gilt unser Lob!

Für den großen Wurf, der nötig wäre, um die Position des Rades gegenüber gut ausgebauten Straßenbahn- und insbesondere Straßenverkehrsnetzen zu verbessern, (in kaum einer deutschen Stadt gibt es so wenig Staus wie bei uns) fehlen einerseits die Mittel, andererseits fehlt auch der politische Wille beim anderen Lager (Bürgerservice, OB und derzeitige Gemeinderatsmehrheit). Dort findet man für den Radverkehr zwar auch immer schöne Worte, bremst aber radverkehrsfördernde Maßnahmen aus, sobald diese dem Autoverkehr in die Quere kämen. Oft müsste für die Beseitigung von Schwachstellen in einem sicheren und zügigen Radroutennetz dem fließenden oder ruhenden Verkehr der Platz etwas eingeschränkt werden. Aber Parkplätze sind in Karlsruhe zur Zeit ein Heiligtum. Sie blockieren z.B. die schon vor langem im Radlerforum vorgestellten Umbaupläne für die Radwege der Ettlinger Straße und die Nordfahrbahn der Kaiserstraße und verhinderten notwendige Fahrradstellplätze vor der derzeit verlagerten Hauptpost.

Insofern haben wir die Erwartungen in das Radlerforum schon stark reduziert. Stärkerer Druck von der Basis wäre nötig. Obwohl jeder Mensch auch Fußgänger ist und sehr viele auch Radler, stecken wir in der Rolle des "schwächeren" Verkehrsteilnehmers zu oft zurück und lassen uns alle Beschwernisse gefallen. Sobald wir aber im Auto sitzen, sieht es anders aus. Da wird sofort ein Leserbrief geschrieben, der die Abzockerei reklamiert, wenn man uns beim Falschparken erwischt. Würden Radler genauso selbstbewusst ihre Interessen vertreten, sähe es bei denen, die auf die Wählerstimmen schielen, anders aus.

... und Land

Beim Radverkehr in der Stadt Karlsruhe ist zwar noch einiges zu tun, aber die Situation ist fast noch Gold gegenüber dem, was man außerhalb findet.

In Karlsruhe hinkt zwar die Überprüfung der Radwege jenseits von Gut und Böse dem Zeitplan der StVO hinterher, aber sie ist wenigstens begonnen. Außerhalb von Karlsruhe, wo der Radanteil deutlich geringer ist, habe ich stellenweise den Eindruck, dass die Überprüfung noch nicht mal begonnen wurde. Und die Möglichkeiten des regionalen Radverkehrs scheinen trotz einfacher Topographie und touristischer Ziele auch nicht gesehen zu werden.

Wo der regionale Radverkehr gute Bedingungen findet, entwickelt er sich. Ich kenne einige, die per Rad von Karlsruhe ins Forschungszentrum pendeln oder von den Gemeinden entlang des Hardtwaldes in die Stadt rein. Die Alleen durch den Hardtwald sind schnurgerade und oft asphaltiert und damit direkt, sicher und schnell befahrbar, wichtig für Berufspendler.

Und Richtung Bruchsal? Die B3 ist stark befahren, der Fernradweg ist verwinkelt und teils im schlechten Zustand. Richtung Rastatt? Da gab es kürzlich die Frage eines Radlers nach einer idealen Verbindung:

Eigentlich recht normal und erfüllbar klingende Anforderungen?! Doch als ich zur Karte griff, um ihn aus meiner Tourenerfahrung was zu empfehlen, fand ich viele schöne Routen, die für eine gemütliche Radtour taugen, nicht aber als schnelle Verbindung für Berufspendler.

Der Zustand des regionalen Radroutennetzes ist längst nicht so wie bei anderen Verkehrsmitteln. Das Beispiel Albtal nach dem Orkan Lothar aus dem letzten kreisfairkehr war symptomatisch für die Bedeutung, die man dem regionalen Radverkehr zumisst. Sowohl im Flächennutzungsplan als auch im Regionalplan, beides die gesetzlichen und kürzlich erst neu aufgestellten Raumplanungsinstrumente, kommt der regionale Radverkehr praktisch nicht vor. Im Radlerforum wurde zudem bekannt, dass für den Landkreis ebenfalls Radwegemängelbögen initiiert werden sollten. Jedoch befürchteten die zuständigen Behörden, dass durch die notwendigen Baumaßnahmen zu viele Kosten entstünden. Und rechtlich radlet man regional oft in einer Grauzone. denn sobald der Weg durch Wälder führt, unterliegt er im Gegensatz zur Straße meist dem Waldrecht, d.h. eine eingeschränkte Nutzung und beschränkte Haftung bei Schäden!

Es müsste viel getan werden, aber es fühlt sich offenbar niemand so recht zuständig. Man kann nur hoffen, dass die Forderung von VCD und ADFC nach einem nationalen Radverkehrsplan nach niederländischem Vorbild vom Bund, der bisher in Sachen Radverkehrsförderung auch fast nichts tut, aufgegriffen wird und bis auf die regionale Ebene durchschlägt.

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