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Tramfrei = Flächengewinn?

Ein wichtiger Grund für die Forderung nach einer straßenbahnfreien Fußgängerzone ist die Gewinnung von zusätzlichen gestaltbaren Flächen. Oder anders formuliert: Man will Flächen, die man für nicht nutzbar hält, für die Fußgänger und für die Aufwertung der Fußgängerzone gewinnen. Deshalb ist die Frage zu stellen, wieviel Flächen man so überhaupt gewinnen kann. Machen wir also die Rechnung auf:

Vorrangig geht es um den Gleisbereich, die Flächen für die Automaten etc. sind vernachlässigbar. Die Strecken auf dem Europaplatz, in der Karlstraße und in der Fritz-Erler-Straße bleiben nach derzeitigem Stand erhalten, es geht also um ca. 1070 m Gleis in der Kaiserstraße und 430 m in der Karl-Friedrich-Straße, abzüglich Straßenquerungen rund 1400 m, bei 5,75 m Breite und je 0,5 m Sicherheitsabstand also um eine Fläche von rund rund 95 ar.

Würde man diese 95 ar Gleisfläche zubauen, käme niemand mehr über die Straße, also kann man sie nicht als komplett verfügbar ansehen. Als Vergleich möchte ich den durch Bahnen tagsüber gestörten Anteil abschätzen: Die Linie 1 als Beispiel braucht vom Europaplatz zum Kronenplatz 6 min. Innerhalb eines 10-min-Taktes ist sie also 4 min lang mit 0 m anzusetzen. Maximal darf sie 25 km/h fahren, durchschnittlich eher 20 km/h, somit steht sie rund 2,7 min und fährt sie 3,3 min. Eingesetzt werden meist 40-m-Wagen. Wenn sie fährt kommt noch eine "Bugwelle' hinzu, in der man das Gleis nicht überqueren wird. Bei einem normalen Fußgänger mit 1 m/sec sind es ca. 3 sec Überquerungszeit plus sagen wir mal gleich viel Sicherheitsabstand (als Mittel, individuell unterschiedlich), das sind bei 20 km/h 33 zusätzliche Meter. Gemittelt über einen 10-min-Takt also eine Länge von 35 m für die Linie 1 oder 1,3 ar. Für die Linien 3 und 4, teils mit 30-m-Bahnen, der Einfachheit halber dieselbe Fläche. Die Linien S1, S2 und S5, teils mit Doppeltraktion, werden mit einem mittleren 60-m-Wagen angesetzt, was zu 1,7 ar Fläche führt. Die Linien 2 und 5 haben einen etwas kürzeren Weg: 1,1 ar, die S4 nur mit 0,7 ar wegen 20-min-Takt. Das macht zusammen für alle Linien und verdoppelt für beide Fahrtrichtungen 24 ar. Also rund ein Viertel der Gleisfläche ist tagsüber durch Bahnen belegt, der Rest ist frei. Nur dieses Viertel ist also verplanbar, sonst geht die Rechnung für Fußgänger negativ aus!

Nun schafft eine U-Strab nicht nur Platz, sie verbraucht auch welchen. Das Problem einer U-Bahn ist das subjektive Unsicherheitsgefühl. Auch wenn es laut Statistik kaum objektive Gefahren gibt, wird dieses Unsicherheitsgefühl nicht wegdiskutierbar sein, sondern allenfalls durch großzügige Bauweise abmilderbar sein. Daran wird wohl auch der Vorschlag eines Büros scheitern, die Zugänge flächensparend in die Häuser zu integrieren, weil dies zu verwinkelten Abgängen führt. Ein Standardzugang aus (Roll-)Treppe und Aufzug dürfte nach einem Blick in die alten U-Strab-Pläne mit rund 0,4 ar anzusetzen sein. Bei drei Südabzweigen hat man im Citybereich sechs Halte unten mit je ca. vier Zugängen. Rund 10 ar zusammen, bei der gewünschten städtebaulich ansprechenden Gestaltung können es aber auch schnell mehr werden, dann ist schon rund die Hälte der Fläche verbraucht!

Irgendwas zwischen 10 und 14 ar wird man wohl im Bereich der Kaiserstraße und der Via triumphalis gewinnen können. Eigentlich will man ja auch Platz für die Fußgänger zum Flanieren schaffen, also darf man davon nicht alles verplanen, sonst wird es für diese zum Nullsummenspiel. Setzen wir mal 5 ar an für eine Aufwertung durch Brunnen, Cafes etc. (siehe aber Artikel rechts!) Geteilt durch die Breite der Kaiserstraße kommt eine ca. quadratische Fläche dabei raus oder 2% von deren Gesamtfläche. Für ein größeres Objekt wie dem Stephanie-Brunnen oder ein rentables Straßencafe sollte man schon ein Ar ansetzen. 2 Cafes, 2 Brunnen und noch was nach freier Wahl. Also mich reißt die Dimension dieser Gestaltungsoffensive nicht gerade vom Hocker...

Wie sieht aber die Rechnung aus, wenn man die Gesamtstadt betrachtet? Für eine tramfreie Fußgängerzone sind mind. 5 Rampen nötig. Man kann sie wie beim U-Sträble offen lassen, das macht ein 120 m langes Loch, so viel braucht man bis zum Deckelanfang. Oder man überbaut das Loch städtebaulich ansprechend, aber es bleiben auch dann 120 m Trennwirkung, das ganze 5x, macht 600 m oder rund 40% der abgebauten Gleislänge oder 47 ar Verlustflächen, fast doppelt so viel, wie man in der City gestaltbar gewinnt. Die Aufwertung der City wird im ebenfalls sensiblen gründerzeitlichen Halbring um die City teuer erkauft!

Diese Rechnung geht von einer tramfreien City aus, was noch längst nicht sicher ist. Bei einer Mischlösung mit z.B. den Linien 3/4 und 1 weiterhin oben werden nur 28 ar statt 96 ar Gleis abgebaut. Statt 24 ar werden nur 16 ar "entstört", überbaubar aber nur zum kleinen Teil. Europaplatz-Süd-tief kommt nicht, also nur ca. 8 ar Zugänge. Somit geht schon in der City die Bilanz tendentiell negativ aus. In den Randbezirken nur 3 Rampen mit 28 ar.

Lohnt sich das? Ich finde nicht. Städtebaulich spricht nicht viel für die U-Strab. Besser die Bahn integrieren.
Heiko Jacobs, Vermessungsing.


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