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Die "Kombi"-Lösung

Was ist geplant? Finanzen? Liniennetz? Timing?

Am 22. September, dem Tag der Bundestagswahl, können die Karlsruher auch über die sogenannte "Kombilösung" mit Stadtbahntunnel, bahnfreier Fußgängerzone und Umbau der Kriegsstraße entscheiden. Aber im Paket und nicht als Einzelpunkte. Wir möchten hier über die Details der Bausteine berichten, soweit schon bekannt, sowie über Chancen und Risiken dieser Lösung und über Alternativen. [Prinzip Kombiloesung]

Was plant die Stadt?

Und die Kosten?
Wie wird finanziert?

Offiziell werden 380 Millionen Euro genannt für den Tunnel und 120-150 Mill. für die Kriegsstraße, zusammen 500-530 Mill. Euro. In diesen Kosten sind die Planungskosten, Bauvorbereitungen und der Umbau der Fußgängerzone nicht drin.

Es gibt einen Zuschuss-Topf "GVFG" aus Mitteln der Mineralölsteuer ausschließlich für gemeindliche Verkehrsprojekte, hälftig für den öffentlichen Verkehr (ÖV) bzw. für Straßen (IV). Der Tunnel ist ein ÖV-Projekt, dafür gibt es 85 % Zuschuss. Der ÖV-Topf ist normalerweise gut gefüllt. Den Großteil der Kosten verursacht bei der Kriegsstraße aber der Umbau für die Autos, die auch den größten Nutzen hätten (Mendelssohnplatz, ECE) neben den Anwohnern. Allerdings gibt es beim IV nur 70 % und der IV-Topf ist chronisch leer, sprich es gibt Wartelisten. Deswegen hatte man vor einigen Jahren versucht, die Kriegsstraße alleine als ÖV-Projekt zu finanzieren. Das ging schief.

Diesmal will man wieder ein wenig tricksen. Statt der anfangs geplanten "großen" U-Strab (2-3 weitere Abzweige, 700 Mill., aber kapazitätsmäßig bereits vor der Einweihung am Ende) will man nun nur noch die "kleine", man spart also und will deswegen versuchen, die Kriegsstraße als Zugabe in den ÖV-Topf zu schmuggeln.

Die Richtlinien sagen aber eigentlich eindeutig, dass das Kombinieren von Projekten mit unabhängigem verkehrlichen Nutzen nicht zulässig ist! Das ist hier der Fall, s. rechts. Die in den Richtlinien explizit empfohlene Voranfrage, könnte das klären, aber die Stadt verzichtet darauf...

Schulen statt Tunnel?

... vom zweckgebundenen 85-%-Zuschuss nicht. Die wird man anderswo in ÖV investieren: Stuttgart, Dresden, KA-Pulverhausstraße, ... Aber es gibt ja noch den 15-%-Anteil der VBK, Planungskosten etc. und auch die späteren höheren Betriebskosten. Formell sind diese das Problem der VBK, aber die gehören mit den Stadtwerken zur KVVH und die gehört der Stadt. Jeder KVVH-Verlust bedingt höhere Fahr- oder Strompreise oder ist aus der Stadtkasse auszugleichen. Und dann fehlen die Gelder doch bei Kindergärten o.ä.

[Liniennetz Kombiloesung]

Das "denkbare" Netz

Das beim Bürgerforum II am 3.7. vorgestellte offizielle Netz wird sehr zurückhaltend als "denkbares" Liniennetz bezeichnet. Will man zu erwartender Kritik vorbeugen?

Die S-Linien und die Linien 1 und 2 (tw.) fahren durch den Tunnel und bleiben dabei weitgehend unverändert, die 2 allerdings nach Aue. Und die S2 fährt über die Tullastraße, weil sie nur so in den Tunnel kommt. Dasselbe gilt für die 4, die aber nicht mehr die Schleife über den Hauptbahnhof (Hbf) fährt, sondern am anderen Ende des Tunnels in die Nordstadt. Die 3 fährt künftig ein "U" über Karlstraße, Hbf und Rüppurrer Straße bis zum Hirtenweg und geht dort in die 5 über. Diese wird bis dorthin verlängert und fährt weitgehend ihren alten Weg. Allerdings biegt sie nicht mehr am Marktplatz nach Süden ab, sondern schon am Kronenplatz, weiter über die Baumeisterstraße. Neu ist die Linie 6/7, die von Durlach her an der Tullastraße abbiegt und über die Kriegsstraße bis zum Karlstor und dann über die Mathystraße zur Brauerstraße fährt, ab dort zum Tivoli. Zu den 10-min-Takt-Zeiten fährt sie weiter über Rüppurrer Straße, Kriegsstraße und Europaplatz zum Kaiserplatz.

[Erreichbarkeit Marktplatz heute]
[Erreichbarkeit Marktplatz heute]

Was hat dieses Liniennetz nun für Konsequenzen?

Für die Anrainer der Stadtbahnlinien und der 1 ändert sich kaum etwas und für die größeren äußeren Stadtteile wenig: die Waldstadt verliert die umsteigefreie Verbindung zum Hbf, von Durlach aus wird der Weg zum Hbf sehr lang, alle haben aber weiterhin eine umsteigefreie Verbindung zur ganzen Kaiserstraße. Daxlanden bleibt beim jetzigen Status. Die 3 zur Siemensallee fährt künftig nur noch zum Europaplatz, das würde aber im Tausch mit der Nordstadt wohl auch ohne Tunnel so kommen.

Schmerzlicher sind die Auswirkungen schon für den engeren Stadtbereich abseits der S-Linien (in der rechten unteren Graphik rot unterlegt) entlang der Strecken durch Karl" , Brauer" , Kriegs" , Ettlinger und Rüppurrer Straße, Karl-Wilhelm-Platz, sowie Rheinhafen und Rintheim. Die letzten zwei incl. Kühlen Krug könnte man theoretisch und nicht ohne andere Probleme auch noch in den Tunnel quetschen, aber von restlichen Straßen aus kann man mangels Schienenverbindungen den Tunnel prinzipiell nicht erreichen und somit wegen der bahnfreien Fußgängerzone auch nicht den Marktplatz. Man schlachtet damit den Marktplatz als bisherige "heilige Kuh" des Karlsruher Nahverkehrs, wo angeblich jeder hin will, auch wenn es nur nicht ganz so aufkommensstarke Viertel sind. Mit zwei Linien könnte man von den betroffenen Vierteln wenigstens beide Enden der Fußgängerzone erreichen, aber dies wird nur für die Rüppurrer Straße angeboten und das auch nur tagsüber. Zum Marktplatz muss man auf jeden Fall umsteigen und das oft entweder von einer oberirdischen Haltestelle zu einer Tunnelhaltestelle oder "hintenrum" über Hbf oder man läuft einfach, weil sich für eine Haltestelle der Aufwand nicht lohnt... War das nicht ein k.o.-Kriterium für Alternativen?

Wenn man schon eine Bahn in der Kriegsstraße baut: Fängt man damit wenigstens etwas Vernünftiges an?

Dort fährt nur der 6/7-Ring, s.o., der aber eigentlich konsequent an allen aufkommensstarken Zielen vorbeifährt. Durlach-ECE ist die einzige halbwegs interessante Verbindung. Brauerstraße und Kriegsstraße-Ost werden nur von der 6 angefahren und haben so keinerlei Verbindung zur Kaiserstraße. Würde man die heutige 6 so lassen wie sie ist, bloß über Ettlinger, Baumeister- und Kriegsstraße-Ost nach Durlach verlängert, dann könnte man ohne große Nachteile auf die Trasse auf der Kriegsstraße verzichten.

Wir vom VCD fragen uns, wie man mit dieser Linienführung einen Nutzen in der Standardisierten Bewertung errechnen will? Wie die zuschussrelevante Notwendigkeit der Kriegsstraße in der Kombilösung aufzeigen? Bereitet man mit einem solchen Liniennetz ein erneutes Scheitern der Kriegsstraße vor? Zweimal versucht, jetzt nehmt bitte endlich den Tunnel solo? OB Fenrich bestreitet dies vehement. Dann bleibt nur, dass dieses Netz das Eingeständnis ist, dass man mit der Kombilösung kein vernünftiges Netz auf der Kriegsstraße hinkriegt, weil einfach die Flexibilität fehlt durch die wegfallenden Abbiegebeziehungen am Ettlinger Tor.

Und die S3 fehlte im offiziellen Plan. Versprochene City-Anbindung gestorben? So wie geplant geht's nicht. Man könnte sie mit der S4 bündeln. Oder man kommt doch noch drauf, dass "unsere" 2. Rampe am Hbf ganz nützlich wäre...

Fatales Timing?

Noch am 11.6. (BNN) lag der Wunschtermin des Baubeginns des Tunnels fest: 2005. Dann hat aber gerade ECE am Ettlinger Tor eröffnet. Welcher Kunde wird sich dann noch die Baustellen in der Kaiserstraße antun? Würde man den Tunnel später anfangen -- Zeit gewann man ja durch Wegfall der 2. Stufe -- hätte sich der Handel an die Konkurrenz angepasst. Aber derzeit sieht es nach einer fatalen Doppelbelastung aus. Der Baubeginn wird zwar mittlerweile nicht mehr genannt, aber obiges wurde trotz dieser schweren Bedenken nicht widerrufen. Warum nicht? So wird das eher eine Südverlagerung statt einer Süderweiterung. Und an Pleiten wird dann nicht die U-Strab schuld sein, sondern ECE. So verbessert man sicher nicht die jetzt schon wenig attraktive Handelsstruktur dort. Zuviele Kettenläden hört man, aber genau die werden das zusammen mit Karstadt noch am ehesten überleben, da sie Verluste bundesweit ausgleichen. Aber die kleinen interessanten lokalen Läden? Sachargumente für dieses fatale Timing hörten wir bisher nirgends. Auch von "Karla" nicht trotz Anfrage. Nur dass noch nichts feststehe. Ja, vielleicht verzögern Probleme das Timing. Aber entscheidend ist der politische Wille, den Tunnel so schnell wie möglich zu wollen und dabei diverse gravierende Probleme billigend in Kauf zu nehmen.
Heiko Jacobs
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